In diesem Artikel werden fünf Modelle einer neuen Heilungs-Kosmologie zur Diskussion gestellt sowie Vorschläge für die Praxis. Sie integriert neue Erkenntnisse der Neurologie und altes Erfahrungswissen über die Wirkung von Naturkräften und Wandelbarkeit des Bewusstseins.
Die Wirksamkeit jeder Therapie hängt von den Vorstellungen der Patienten1 und Therapeuten über Gesundheit, Krankheit und Heilung ab. Heute dominieren psychologische und psychosomatische Vorstellungen. Für diese sind zwischenmenschliche Beziehungs-Erfahrungen der entscheidende Einflussfaktor auf physische und psychische Gesundheit und Krankheit.
Eine Krankheit wird wie jedes Erlebnis im Hirn durch ein eigenes Nervenzell-Netzwerk abgebildet. Je länger der Betroffene in Angst und Unsicherheit über sein Krank-Sein und dessen Verlauf lebt, je mehr Synapsen, Kontaktstellen zwischen den Nerven werden gebildet und damit das Netzwerk verstärkt und mit anderen Netzwerken verlinkt.
Der Arzt kann dem entgegen wirken durch Förderung von Netzwerken für Heilung. Dafür stehen heute immer mehr Stress-Coping- und Resilienz-Strategien zur Stärkung der Bewältigungs- und Widerstandsfähigkeit zur Verfügung.
Ich verwende mit Erfolg die einfache Metapher der Flussüberquerung. Aron Antonovsky hat sie ansatzweise zur Einführung der von ihm entwickelten Salutogenese verwendet. Sie ist eines der ersten Resilienz-Modelle.
Unser Lebensweg führt uns immer wieder an einen Fluss. Das Bild der Flussüberquerung hilft den Menschen intuitiv anzunehmen, dass der physische und/oder psychische Zusammenbruch, das Burn Out aber auch ein Mobbing, das lange schon geahnte und hinausgeschobene Ende einer persönlichen, familiären oder beruflichen Lebensphase herbeigeführt hat. Die Krankheit als Wandlungskrise zwischen zwei Lebens-Abschnitten entlastet die Menschen von Versagens- und Schuldgefühlen. Sie mobilisiert ihren Mut und ihr Engagement für die Vorstellung ihrer heilen Persönlichkeit und ihrer Zukunfts-Vision, - und fördert im limbischen System Netzwerke für Heilung.
Wie jeder Fluss zwischen zwei Ufern fliesst, braucht auch die Krankheit im Erleben der Betroffenen Beginn und Ende. Was keinen Anfang hat, erscheint ohne Ende. Konkret kann der Arzt fragen : «Wer möchten Sie am Ende der Behandlung sein ? Was werden dann wohl ihre Wünsche für die nächste Zukunft sein ?»
Ebenso hilfreich für den Betroffenen ist eine Aussenperspektive auf das Leiden. Im neuronalen System sind mehrere nutzbare Fähigkeiten zur Dissoziation angelegt. Schwere Traumas lösen neuronale Prozesse aus, die das psychische Schmerzerleben durch körpereigene Opiate, Endorphine, unterdrücken und so das Bewusstsein vom akuten Geschehen abspalten. Auch Ablenkung, Tagträumen, kurzzeitiges Vergessen des Leidens oder aktive Bewusstseinserweiterung, z.B. durch monotone Rhythmen sind Formen der Dissoziation. Sie können auch fremdinduziert sein.
Eine Klienten erzählte neulich ganz begeistert, dass ihr der Zahnarzt während seiner Bohrarbeiten in ihrem Mund von seinen Ferienreisen an Orte erzähle, mit denen sie zufällig selbst positive Erinnerungen verbinden. Dadurch erlebe sie nicht nur eine totale Dissoziation von ihren Zahnarzt-Ängsten. Sie spürte die Kraft dieser Ort wieder in sich.
Jeder Arzt kann während einer Konsultation beim Patienten die Erinnerung an ein positives Naturerlebnis wecken. Dies stärkt nachgewiesenermassen die Resilienz und die Selbstheilungskräfte. Der Arzt kann sogar sein Sprechzimmer zu einem Ort der positiven Aussenperspektive machen.
Heute kennen wir die neuronalen Prozesse, wie innere und äussere Reize (Stressoren) Stress auslösen und wie Stress Krankheiten auslöst. Als hauptsächliche Stressoren gelten sog. negative Gefühle, wie Angst, Aggression und Depression, ausgelöst v.a. durch belastende resp. traumatische zwischenmenschliche Beziehungs-Situationen im Berufs- und Privatleben aber auch durch innere Konflikte, wie überhöhte Leistungs- und Perfektions-Ansprüche.
Mind Modulation nutzt die Erkenntnis, dass jeder Mensch seine Wirklichkeit so auch den Stress mittels einer bestimmten Kombination von sieben völlig automatisierten Bewusstseins-Aktivitäten2 kreiert. Mit Mind Modulation können Bewusstseins-Strategien auf einfache Weise bleibend verändert werden. Sie ist wirkungsvoller und nachhaltiger als die inhaltliche Aufarbeitung der Stress-Themen.
Neue Erkenntnisse über die Spiegelneuronen und das Limbische System könnten unsere Annahmen über den Einfluss von Beziehungen auf Krank- und Heilwerden revolutionieren. Beide sind Erbe unserer tierischen Vorfahren. Sie und das Stammhirn steuern unseren Überlebenstrieb, der uns intuitiv und am koritkalen Denken vorbei Todes-Gefahren erkennen und überwinden lässt. Sie aktivieren auch Wissen und Verhalten zur selbstmotivierten Befriedigung unserer existentiellen Bedürfnisse nach dem Modell «Hunger macht uns zu guten Jägern.»
Wir haben unsere Sicherheits-Vorsorge und Bedürfnis-Befriedigung an andere delegiert nach dem Modell «Alles ist Beziehung». Die Folge ist, dass wir uns dauernd um Anerkennung und Wertschätzung unserer Vorgesetzten, Partner, Freunde bemühen müssen. Damit sind wir voneinander abhängig, wie der Säugling von der stillenden Mutter. Das ist wohl eine der Ursachen zunehmender Begehrlichkeit Ärzten und Institutionen gegenüber. Wir Menschen sind füreinander zum grössten Stressor geworden.
Der Arzt begegnet dem Menschen mehr als alle anderen Therapeuten als Naturwesen. Gesundheit, Krankheit und Heilung verlaufen in Übereinstimmung mit den ewigen Naturgesetzen. Der Arzt, die Ärztin ist dafür ausgebildet, mir zu helfen, dass die Krankheit in Übereinstimmung mit den in meinem Körper wirkenden Naturgesetzen ablaufen kann. Ich möchte nicht, dass sie versuchen gleichzeitig Psycho- und Soziotherapeut zu spielen.
Dieser Artikel integriert neuere Erkenntnisse der Neurologie und zeitloses Natur-Wissen zu einer neuen Kosmologie des Heilens. Sie nutzt v.a. Möglichkeiten der inhaltlichen und funktionellen Bewusstseins-Modulation und die mentale Verbindung zur Natur und ihren Kräften. Wenn der Patient sein Krank-Sein durch positive Dissoziation aus der Perspektive eines «Kraftplatzes» in der Natur wahrnimmt, kann er die Krankheit als Wandlungskrise am Übergang zu einer künftigen Lebensphase einordnen. Die Vision seiner gewandelten Persönlichkeit stärkt seine Motivation zur Heilung und seine Selbstheilungskräfte.